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Finanzierung | 28. März 2018

CrowdCon 2018 – Definitionen, Trends und Herausforderungen im Crowdfunding

Gemeinsamer Beitrag von Sina Ammenhäuser* und Michelle Berger

„Der Schwarm in einem sich ändernden Finanzökosystem“ – so hieß das Motto der ersten CrowdCon vergangenen Dienstag im TechQuartier in Frankfurt. Gastgeber war der Bundesverband Crowdfunding und bot den knapp 150 Teilnehmern ein interessantes Programm – beginnend mit einer Keynote von Staatsminister Tarek Al-Wazir, gefolgt von zwei interessanten Paneldiskussionen und abgerundet durch drei bunt gemischte Startup-Pitches.

„Schwarmintelligenz oder Rudeldummheit“ – mit diesen Begriffen stieß Al-Wazir bei den Zuhörern in seiner Keynote einen Denkprozess an. Denn nicht immer trifft die Theorie der Schwarmintelligenz im Crowdsourcing zu. Obwohl die Ausfallquote dieser Startups, die durch die Crowd finanziert werden, mit einer Ausfallquote von 19% deutlich unter der Quote der sonstig finanzierten Startups (30%) liegt und damit klar auf Schwarmintelligenz hindeuten.

Aber Stopp. Was ist denn jetzt Crowdsourcing, Crowdfunding und Crowdinvesting?

Und wo liegt der Unterschied?

Ein Blick in die Literatur verrät folgendes: Crowdsourcing ist der Überbegriff, der von Howe 2006 erstmals genannt wurde. Dabei geht es um eine besondere Form des Outsourcings, und zwar die Verlagerung einer bestimmten Aufgabe auf eine undefinierte Masse an Menschen (die „Crowd“) anstelle eines bestimmten Dienstleisters. Crowdscourcing lässt sich in verschiedene Kategorien einteilen: Crowdvoting, Crowdcreating und Crowdfunding. Bei Crowdvoting geht es um die Bewertung, Empfehlung und Wahl aus der Masse heraus, bei Crowdcreating entwickelt die Crowd neue Ideen, Lösungen und neue Konzepte und bei Crowdfunding geht es um die Bereitstellung finanzieller Mittel durch die Crowd. Crowdfunding war das Thema der CrowdCon, lässt sich aber wiederum aufteilen:

  1. Crowddonating: Hier erhalten Sponsoren keine materielle Entschädigung, sondern soziale Anerkennung.
  2. Crowdsponsoring (oder reward-based crowdfunding): Hier erhält der Investor eine nicht-monetäre Gegenleistung wie zum Beispiel das finanzierte Produkt vor dem offiziellen Marktstar.
  3. Crowdlending: Hier erhält die Crowd einen fixen Zinssatz als Gegenleistung für das Bereitstellen von Kleinkrediten.
  4. Crowdinvesting: Hier geht es um die Startup- und Projektfinanzierung von Unternehmen. Die Investoren erhalten hier Anteile an Gewinnen oder an dem Unternehmen

 

Wie sinnvoll ist die Regulierung von Crowdfunding

Die erste Diskussion mit Teilnehmern aus der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, dem Blockchain HELIX sowie Companisto, fokussierte sich insbesondere auf die gesetzlichen und regulatorischen Herausforderungen und Chancen im Crowdfunding. Der Schwerpunkt der Diskussion lag auf dem aktuellen Referentenentwurf für eine Europäische Crowdfunding Plattform Verordnung sowie der Kapitalmarktunion mit neuen Regeln für Prospektemissionen. Kritisiert wurde vor allem, dass der Fokus zu sehr auf den Prospektschwellen liege, die aber für die Crowdfunding Szene nur zweitrangig sei, da das Ziel Eigenkapitalfinanzierungen seien. Grund dafür ist, dass der Investor Unternehmens- und Gewinnanteile erhalten soll, wobei es sich in der Regel um GmbH-Anteile handelt, die wiederum nicht als Wertpapiere gelten und damit nicht von den Prospektschwellen tangiert werden. Hier findet ein enger Austausch aller Beteiligten von BaFin bis hin zu Acceleratoren und den FinTechs selbst statt. Und auch Al-Wazir bezog klar Stellung, indem er deutlich machte, „Ziel von Regulierung darf es nicht sein, den Anlegern jedes Risiko komplett zunehmen“ deshalb ist es dringend nötig, genügend Freiraum für Crowdfunding zu schaffen bzw. zu erhalten. Auch ICOs waren Thema. Das sahen die Teilnehmer aber eher als Komplementär zu den aktuellen Crowdfunding Plattformen, weniger als Konkurrenz. Die größte Herausforderung sei es aber immer noch, qualitativ hochwertige Unternehmen zu identifizieren.

Warum sollten Startups ausgerechnet in Frankfurt gründen?

In der zweiten Podiumsdiskussion lag der Fokus auf dem Ökosystem Frankfurt. Warum sollten Startups ausgerechnet in Frankfurt gründen? Frankfurt sei die Nummer 1 Verkehrsdrehscheibe, führender Finanzmarktplatz in Kontinentaleuropa und weltweit größter und bedeutendster Internetknotenpunkt. Außerdem sei Frankfurt eine schöne Stadt, was ich definitiv bestätigen kann. Al-Wazir definierte zu Beginn der Veranstaltung ein Ökosystem als einen Ort, an dem die Bedingungen stimmen, damit sich etwas weiterentwickeln kann. Das ist auch Ziel des Masterplans des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung, der erst kürzlich eingereicht wurde: Frankfurt soll sich in den nächsten 5 Jahren zu einem führenden FinTech Hub in Kontinentaleuropa entwickeln und als international anerkannte Startup Region bekannt sein. Ambitionierte Ziele, aber mit der Unterstützung von Politik, Wissenschaft, Gründerszene und den etablierten Finanzunternehmen, definitiv machbar!

Startup Pitches

Zum Ende der Veranstaltung pitchten drei Startups vor einer ausgewählten Fachjury, die deren Geschäftsidee darauf bewerteten, wie „crowdable“ sie seien. Sprich: wie gut sind die Ideen durch die Crowd finanzierbar? Von den 30 Startups, die sich um einen Pitch beworben hatten, durften die drei Startups bundle, evid.one und moni.ai antreten und erhielten eine durchweg positive Rückmeldung der Jury. Jedoch wurden zusätzlich noch kritische Fragen gestellt und so hilfreiche Anregungen und Tipps gegeben. Bundle bietet die App, „die alles vereint“, sprich Kommunikation, Umfragen, Termine, Koordination und vieles mehr und hat so das Potenzial, die E-Mail Flut in Unternehmen abzulösen – und das mit einem hohen Datenschutzfaktor aufgrund deutscher Server. Evid.one möchte eine Plattform für Ärzte bieten, die relevante medizinische Informationen zu Krankheitsbildern und entsprechender Medikamenten-Dosis zentral und digital zur Verfügung stellt und somit die Behandlung von Patienten durch Schnelligkeit, Verbindlichkeit und Transparenz revolutionieren. Mit dieser Präsentation gelang evid sogar ein besonders spannender „Reverse Pitch“, denn die Fachjury und allen voran der CEO von Companisto buhlten quasi darum, weiter mit dem Startup arbeiten zu dürfen. moni.ai entwickelte eine künstliche Intelligenz, die alles versteht und viele Anwendungsfelder abdeckt. So soll es jedem möglich sein, eigene Apps mit Künstlicher Intelligenz zu entwickeln, ohne diesen Baustein der Künstlichen Intelligenz selbst programmieren zu müssen.

Insgesamt eine sehr interessante und authentische Veranstaltung, auf der mir die Relevanz und das starke Wachstum der Crowdfundingbranche wieder vor Augen geführt wurden. Ich freue mich über weitere solcher hochrangingen Veranstaltungen und bedanke mich für die tolle Organisation!

 

*Sina Ammenhäuser arbeitet in der Abteilung für Kreditsicherheiten in der DZ BANK und engagiert sich seit Start des Trendscouting Teams bei sämtlichen Tätigkeiten.

Quellen:

Hagedorn, A., & Pinkwart, A. (2016). The Financing Process of Equity-Based Crowdfunding: An Empirical Analysis. In D. Brüntje & O. Gajda (Eds.), FGF Studies in Small Business and Entrepreneurship. Crowdfunding in Europe (pp. 71–85). Cham: Springer International Publishing. https://doi.org/10.1007/978-3-319-18017-5_5

Hemer, J., Schneider, U., Dornbusch, F., & Frey, S. (2011). Crowdfunding und andere Formen informeller Mikrofinanzierung in der Projekt- und Innovationsfinanzierung. Stuttgart: Fraunhofer Verlag.

Howe, J. (2006). The Rise of Crowdsourcing. Wired magazine, 14(4), 1–4.

Leimeister, J. M. (2012). Crowdsourcing: Crowdfunding, Crowdvoting, Crowdcreation. Zeitschrift für Controlling und Management (ZFCM), 56(6), 388–392. https://doi.org/10.1365/s12176-012-0662-5

 

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