Blockchain zum Anfassen: Workshop mit 360 Grad Blick
Es ist Zeit beim Thema Blockchain in die praktische Arbeit einzusteigen und die Möglichkeiten und Grenzen dieser neuen Technologie kennenzulernen. Die DZ BANK hat das probiert, mit einem neuen Workshopformat: Blockchain zum Anfassen. Wenn man sich im Zeitalter der Digitalisierung mit Innovationsmanagement befasst, dann spürt man nahezu täglich die besondere Herausforderung der digitalen Informationsflut. Auf der Technologieseite wird unter den Megatrends und Hype Cycle-Themen wie Machine Learning, Internet of Things, Cognitive Computing oder Blockchain an einer Fülle von Subtechnologien und Dienstleistungsangeboten gearbeitet. Unzählige Technologieunternehmen, darunter eine kaum noch übersehbare Anzahl von Startups, präsentieren nahezu täglich Prototypen, die theoretisch für die Finanz- und Wirtschaftspraxis verwendbar wären. Auf der anderen Seite können die Personen, die die fachlichen und technischen Problemstellungen in ihrem Arbeitsumfeld genau kennen, nur begrenzt einschätzen, ob und unter welchen Bedingungen neue Technologien tatsächlich einsetzbar sind. In der Finanzpraxis wird das zusätzlich erschwert durch unzählige Regulierungsvorschriften und der Herausforderung, dass man den Übergang von alten zu neuen Technologien und Abläufen gestalten muss.
Das Thema Blockchain steht derzeit in der Liste der Anwärter für den Einsatz in der Finanzpraxis weit oben. In unseren wöchentlichen Zusammenstellungen “Was wir lesen” verzeichnen wir eine große Anzahl von Projekten, Aktivitäten und Prototypen zu dem Thema. Diese Anzahl wird nur noch übertroffen durch Versprechungen und Erwartungen der neuen Technologie. Viele Technologieanbieter haben mittlerweile ein „Blockchain as a Service“ oder anderes Framework zum Implementieren von Blockchains in Unternehmen im Programm.
Zusammen mit der TxB-University (einer Initiative des Fachbereichs Transaction Banking) zielte der Workshop darauf ab, die Fachbereiche der DZ BANK Gruppe dichter an die Herausforderung Blockchain zu bringen. Dazu haben sie in zwei jeweils ganztägigen Workshops nicht nur eine theoretische Einführung erhalten, sondern sind zusammen mit der Wirtschaftsberatung KPMG und Microsoft praktisch in die Programmierung von Smart Contracts eingestiegen.
Die Blockchain-Technologie ist ein Protokoll, dass Verfügungsrechte über materielle und immaterielle Güter nahezu manipulationssicher dezentral in einer verteilte Datenbank dokumentiert (siehe für eine ausführliche Erklärung: Hajo Schulz, Das macht Blockchain, in: C´t 23/21017). Bei Smart Contracts handelt es sich letztlich um Programmcode, der manipulationssicher gespeichert wird und beim Eintreten bestimmter Ereignisse automatisch ausgeführt werden soll. Der Workshop hatte zum Ziel, das Potenzial und die Grenzen von Blockchain- Technologien im Finanzbereich zu zeigen, eine pragmatische Sicht auf Blockchain und Smart Contracts und eine übergreifenden Austausch ermöglichen.
Neben den vertiefenden Grundlagen war insbesondere der übergreifende Austausch in diesem Workshop sehr hilfreich. Unter den Teilnehmern und Ausrichtern waren alle Personen, die man in der Praxis für einen 360 Grad-Blick benötigt. So haben Kollegen aus einem Fachbereich einen kompletten Geschäftsablauf im Schuldscheinbereich skizziert, der dann anschließend in einer ersten Annäherung fachlich in Smart Contracts überführt werden konnte. Juristen haben dazu ihre rechtliche Sicht beigetragen und Smart Contract-Entwickler haben gezeigt, was dies in Form von Programmcode bedeutet.
Somit zeigte der Workshop, was fachlich und technisch möglich ist, aber auch die aktuellen Grenzen und Herausforderungen des Einsatzes der neuen Technologie.
Deutlich wurde etwa, dass sich die Abwicklung von Schuldscheingeschäften etwa bei der Bestätigung von Aufträgen, der Vertragsabwicklung und der Abstimmung von Geschäften erleichtern ließe. Dabei tauchte dann schnell die Frage auf, wie sich Rechtsbereiche künftig mit Juristen verstärken müssten, wenn sie Smart Contracts lesen und programmieren wollten. Hier wurde aber auch schnell deutlich, dass es nichts nützt, wenn sich nur ein Haus mit der Anwendung von Smart Contracts befasst. Es wird darauf ankommen, dass Kunden und andere im gleichen Vertragsnetzwerk aktive Banken und Dienstleister ein einheitliches Verständnis entwickeln. Dazu kommt noch, dass Standardsetzer, Regulierer und der Gesetzgeber entsprechende Voraussetzungen schaffen müssen.
Bestätigt wurde in dem Workshop die auf Konferenzen und Fachpublikationen häufig zu hörenden Aussage, dass viele Ideen für Smart Contracts noch weit von einem funktionierenden Praxiseinsatz entfernt sind. Wir konnten die Potenziale von Blockchain und Smart Contracts nach diesem Tag zwar greifen, aber noch nicht die Frage beantworten, wann und wie die Finanzwirtschaft hier zu einem neuen Standard kommt. Denn auch bei der technischen Realisierung von Smart Contracts existieren viele konkurrierende Angebote mit jeweils eigenen Anwendungsumgebungen und Programmiersprachen. Es mangelt an Standards und Möglichkeiten unterschiedliche Implementierungen miteinander verbinden zu können.
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