Auf Einkaufstour für Projekte – Anforderungen shoppen
Marco Pauls schreibt über die „100-Dollar-Methode“ zur Priorisierung von Projekten.Vor kurzem war ich bei einem Projektworkshop eines Softwareherstellers. Thema des Projektes ist es, das Nachfolgeprodukt unserer Order- und Compliance-Software einzuführen. Meine Rolle ist die des technischen Projektleiters. Das Projekt läuft schon seit mehreren Wochen und zuvor fand bereits eine Konzeptstudie statt. Irgendwann ging es in dem Workshop auch um die Anforderungen und darum, dass für das erste Release die Anforderungen mit Priorität 1 umgesetzt würden. Plötzlich fragte einer der teilnehmenden Projektmitarbeiter, wer denn die Prioritäten festgelegt hätte. Hier konnte ich „siegessicher“ antworten, dass dies durch ein fachliches Expertenteam stattgefunden hatte.
Das Erlebnis ließ mich dennoch mit der Frage „Wie priorisiert man eigentlich Anforderungen ‚korrekt‘, wie stellt man sicher, dass die wirklich wichtigen Features und Funktionen als erstes umgesetzt werden?“ zurück. Also habe ich „das Web“ gefragt.
Eine Onlinerecherche liefert Treffer zu zig Methoden. Eine gute Hilfestellung bieten Seiten, auf denen Methoden mit ihren Vor- und Nachteilen verglichen und die grundsätzliche Vorgehensweise auch kurz beschrieben wird. Viele Methoden versuchen, über Rankings, Kosten-/Nutzen-Matrizen oder Kombinationen daraus Wissenschaftlichkeit und Objektivität herzustellen (zumindest wird eine solche suggeriert).
Interessant finde ich die so genannte 100-Dollar-Methode (beschrieben z.B. in diesem Artikel oder auch in diesem Paper), auch Cumulative Voting genannt. Idee ist, dass jeder der Stakeholder einen virtuellen Betrag erhält, von dem er Teilbeträge in beliebiger Höhe auf die vorhandenen Anforderungen einzahlen kann. Die Anforderungen, auf die am meisten eingezahlt wurde, haben dann die höchste Priorität. Das Verfahren erinnert ein wenig an Crowdfunding, wo Leute für die Umsetzung ihrer Ideen um Investoren werben. Hier bewerben sich nun Anforderungen um Stakeholder. Auf den Crowdfunding-Plattformen müssen sich die Ideengeber überzeugend präsentieren, um einen potenziellen Investor zu veranlassen, Geld für die Idee zu geben. Genauso muss eine gute Anforderung überzeugen, und zwar durch ein klar formuliertes Ziel, was mit der Umsetzung für das Business erreicht werden soll.
Das Verfahren ist schnell und somit für agile Entwicklung geeignet. Softwareunterstützung hat man schnell aufgesetzt, man findet diese z.B. in Bugtracking-Systemen, dort Voting genannt.
Wie wäre es also, im nächsten Projekt, die Anforderungen einfach mal zu shoppen? Ich würde mich gerne mit Ihnen über Ihre Erfahrungen hierzu austauschen.
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