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Foto: carl swahn/Online Chat/GettyImages
Trends & Technologie | 4. Oktober 2016

Finanzgeschäfte mit einem Chatbot

Der Fall Digibank aus Indien: Eine mobile Bank im Smartphone

Kürzlich las ich einen Bericht über indische Kunden der Digibank. Dort können die Kunden über ein mobiles Endgerät einfach ein Bankkonto eröffnen. Das Besondere an der Digibank – sie ist eine Bank, die nur über mobile Geräte erreichbar ist und sie nutzt ausschließlich sogenannte Chatbots.

Chatbots sind selbstlernende, textbasierte Dialog-Systeme. Sie bestehen aus einer Textein- und Ausgabemaske oder einer Spracherkennungsfunktion, über die ein Kunde in natürlicher Sprache mit dem dahinterstehenden System kommunizieren kann. Chatbots werden im Kundendialog vielerorts eingesetzt. Diesen Trend nennt man Conversational Commerce.

Hinter Digibank’s Chatbot verbirgt sich die Plattform KAI von Kasisto. Laut des MIT (MIT Technology Review) wurde KAI mit Millionen von Kundenfragen aus dem Banking trainiert. Seine Entwickler sind überzeugt, ein Produkt geschaffen zu haben, das seinesgleichen am Markt sucht. KAI beantwortet nicht nur Fragen und führt Aufträge aus wie zum Beispiel: “Überweise 10 $ an…”. Es stellt auch Rückfragen. Falls das Konto bei einer Abbuchung überzogen würde, rät es Geldbeträge von einem anderen verfügbaren Konto des Kunden umzubuchen. KAI’s Stärke liege nach Meinung seiner Gründer in seiner Multitasking-Fähigkeit, mehrere Bots gleichzeitig managen zu können.

International arbeiten viele Finanzinstitute derzeit am Einsatz solcher Chatbots. Die Royal Bank of Scotland plant AI (artifical intelligence) in der Kundenkommunikation unter dem Namen „Luvo“ einzusetzen.  Das Ziel ist, Kunden bei einfachen Fragen über das System rund um die Uhr zu unterstützen und komplexe Sachverhalte an Service-Mitarbeiter weiterzuleiten. Die Bank of America nutzt zum Beispiel den Facebook Messenger als Chatbot.

Die Digibank ist die erste Bank, die so stark auf einen Chatbot setzt. Kasisto plant ihr System KAI für banknahe Branchen wie die Vermögensverwaltung anzupassen. Chatbots sind jedoch nicht nur für Finanzangelegenheiten im Banksektor interessant, auch in der Versicherungsbranche gibt es viele mögliche Einsatzfelder.

Chatbots sind keine Technik-Alleskönner

Ein Praxisbericht mit Chatbots lieferte auf der Webseite allfacebook.com vor kurzem das Start-Up Travel Homie, das über einen längeren Zeitraum einen Chatbot einsetzte. In diesem Praxisbericht erzählt Maximilian Soltner, Mitgründer und Geschäftsführer von Travel Homie aus seinen Erfahrungen:
Der Einsatz eines Chatbots im Reisemarkt bei Travel Homie brachte den Start-Up-Gründern etliche wertvolle Erkenntnisse über die Grenzen künstlicher Intelligenz ein.
Insbesondere das Frageverhalten von Menschen lässt Chatbots oft scheitern, resümiert der Gründer und zeigt aus dem 18-monatigen Praxistest an den folgenden Beispielen sehr deutlich, wie Menschen im Regelfall Fragen stellen:

Beispiel 1:
“Meine Familie und ich wollen ab dem 17.6. für 2 Wochen nach Mallorca, min. 3 Sterne, Halbpension, nah am Meer.“
„ach und unser Boxer muss mit.“

Beispiel 2:
„Suche Urlaub am Strand, kannst Du helfen?“

Beispiel 3:
„Muss ins Warme, wenn’s geht Balearen, mit 2 Kindern und Hund.“

„Hi, einer da?“
Das Frageverhalten von Menschen macht es den Chatbots nicht leicht, sie zu verstehen. Denn Menschen wollen ihre Fragen nicht wiederholen, sie wollen in Jargons reden oder den Sachverhalt nicht zweimal erklären.

Der Aufwand einen Chatbot für alle möglichen Fragen, Texte, Fachbegriffe zu trainieren ist enorm und darf in einem Einsatzfeld nicht unterschätzt werden.

Eine weitere Herausforderung für Chatbots ist die Tatsache, dass Kunden den persönlichen Kontakt im Chat wollen. Schließlich kommunizieren Menschen gerne mit anderen Menschen, weil sie emotionale Wünsche besser nachvollziehen und eigene Erfahrungen und Rat einbringen können.

Im Vergleich zu anderen Kommunikationskanälen belegt der Praxistest bei Travel Homie eine Öffnungsrate von Messages, die Travel Homie versandt haben, von über 90% – dank Chat.

Die Quintessenz aus dem Praxiseinsatz

Nutzer mit einer reinen Chatbot-Lösung zufriedenzustellen bleibt schwierig in Fällen, in denen das System nicht klare Antworten oder Festlegungen treffen kann. Nutzer erwarten einen persönlichen Umgang zwischen sich und einem Unternehmen, den Chatbots so (noch) nicht bedienen können. Maximilian Soltner spricht es deutlich aus: „Wenn die Nutzer das Gefühl haben mit einem Anrufbeantworter zu sprechen, ist das User-Erlebnis dahin.“

Von Travel Homie lernen wir drei Dinge:

  • Ein Hybrid-Modell ist ein guter Mittelweg. der Mensch und Maschine verbindet.
  • Zu Beginn sollte der Chatbot assistieren und aktiv den Sachbearbeiter unterstützen, da wo es Sinn macht.
  • Der Mensch mit seinen noch überlegenen emotionalen Fähigkeiten kann dort eingreifen, wo Bedarf ist.

Irgendwann wird sich diese Aufgabenteilung jedoch sicherlich ändern.

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