Ein Blick auf die Chatbot-Landschaft
In einigen vergangenen Beiträgen haben wir uns bereits Chatbots gewidmet, den selbstlernenden, textbasierten Dialog-Systemen.
Das Thema Chatbot wird derzeit intensiv, vor allem aber außerhalb Deutschlands diskutiert. Wir haben uns hier im Innovationsblog bereits in drei Beiträgen damit befasst:
- Chatbots und Artificial Intelligence as a service
- Chatbots – Was denken Sie?
- Finanzgeschäfte mit einem Chatbot
Will Thomsen, der hinter dem Chatbot Ledgee für Personal Finance Management steckt, hat in einem Blogeintrag für das Chatbot Magazine einen Blick auf die vielfältigen, jedoch sehr ähnlichen Angebote an Chat- und Bankbots geworfen. Uns gefiel seine Zusammenstellung, an der wir uns für diese Darstellung orientiert haben, auch wenn sich diese Bots bisher eher auf dem anglo-amerikanischen Markt tummeln.
Abe ist ein Chatbot, der über per SMS oder über die Projektmanagement-Plattform Slack genutzt werden kann. In Zukunft ist die Integration in den Facebook Messenger sowie Amazons künstliche Intelligenz Alexa geplant.
Während Abe sich zuvor ausschließlich auf Projektfinanzen fokussierte, können neuerdings Anfragen per SMS hinsichtlich des persönlichen Finanzmanagements gestellt werden. Abe unterstützt den Nutzer nach Verknüpfung der Bankkonten mit Informationen über Einkommen und regelmäßige Ausgaben sowie Tipps zum Vermögensaufbau durch Sparen.
Capital One bietet einen Skill für die künstliche Intelligenz von Amazon, Alexa, an, der simple Kontoabfragen per Sprache ermöglicht. Neben Informationen über Kontostand oder Ausgaben können per Sprachbefehl zudem anstehende Rechnungen bezahlt werden.
Cleo ist ein Bot, der über SMS angesteuert werden kann und, nach entsprechender Verknüpfung mit den persönlichen Bankkonten, das vorangegangene Ausgaben-Verhalten analysiert, um relevante Aussagen über die persönliche Finanzsituation treffen zu können. Ein besonderer Fokus von Cleo liegt dabei in der optionalen Anleitung des Nutzers zu sparsamerem Verhalten.
„Geld sparen ohne darüber nachzudenken“ ist Digits Claim. Das Einnahmen- und Ausgabeverhalten des Nutzers wird kontinuierlich analysiert, um automatisiert, alle zwei bis drei Tage, Kleinbeträge (5 bis 50 USD) vom Girokonto auf ein Spar-/Tagesgeldkonto zu übertragen. Der dahinter befindliche Algorithmus verspricht, niemals mehr umzubuchen, als der Nutzer sich leisten kann – intelligentes, automatisiertes, persönliches Cash-Pooling: kostenlos und unlimitiert.
Dyme ist eine White-Label-Lösung, die Banken nutzen können, um Kunden via SMS oder Messenger personalisierter ansprechen zu können. Dyme bietet hierbei die Möglichkeit, den Bot mit diversen unterhaltsamen Persönlichkeiten zu versehen, wie bspw. enttäuschte Mutter, trauriger High-School-Lehrer oder 80er-Jahre-Aerobic-Trainerin. Kundenanfragen können dabei für Cross-Selling-Ansätze und Follow-up-Gespräche genutzt werden. Verschiedene „Alert“-Nachrichten, beispielsweise Benachrichtigungen über fällige Rechnungen oder Hinweise auf , leiten Kunden zum Handeln und Interagieren mit der Bank an, sollen dabei insbesondere jedoch kontinuierlich die eigene Bank ins Gedächtnis rufen: eine Bank, die sich kontinuierlich und personalisiert um den Kunden kümmert.
Finie, „The Finanicial Genie“, ist eine künstliche Intelligenz, die aus der Universität Michigan hervorgegangen ist und sich damit rühmt, auf den besten wissenschaftlichen Innovationen auf dem Gebiet des natürlichen Sprachverständnisses zu basieren. Finie besteht dabei aus fünf unterschiedlichen AI-Systemen, die ein „financial brain“ bilden und sich mittels Machine Learning kontinuierlich weiterentwickeln. Jenes Gehirn kann als White-Label-Lösung in bestehende Banking-Apps integriert werden, um dank eines „natürlich“ interagierenden Bots personalisierten, intelligenten Kundenservice anzubieten.
Bei Finn handelt es sich ebenfalls um eine White-Label-Lösung, die mit Hilfe einer künstlichen Intelligenz den Nutzer beim Sparen und Budgetieren unterstützt, automatische „Alert“-Nachrichten versendet und alltägliche Bankauskünfte erteilt. Im Gegensatz zu anderen Lösungen arbeitet Finn zusätzlich mit vorgefertigten Text-Bausteinen, welche die Nutzung vereinfachen und beschleunigen können, indem eine „Sprachbarriere“ zwischen Nutzer und AI ausgeschlossen wird.
Das Start-up Kasisto hat die künstliche Intelligenz Kai entwickelt, die über die Messenger Plattform MyKAI (integrierbar in Facebook Messenger, SMS oder Slack) genutzt werden kann. Kai verfügt über ähnliche Fähigkeiten wie die zuvor beschriebenen Bots: Anzeige von Kontoständen, Analyse von Transaktionen oder Durchführung von Zahlungsanweisungen. Zudem verfügt Kai über ein ständig anwachsendes Sammelsurium an finanzwissenschaftlichem Fachwissen und erläutert dem Nutzer in Kürze verschiedene Fachbegriffe.
Ledgee ist ein „smart and speedy“ Chatbot, der per Facebook Messenger, SMS, Browser oder Amazons Alexa genutzt werden kann. Ledgee beeindruckt dabei vor allem durch Einfachheit. Die Funktionen sind im Vergleich zu anderer der hier vorgestellten Bots ähnlich. Nach Angaben des Entwicklers soll Ledgee mit jeder Konversation schlauer und damit wertvoller für den Nutzer werden.
Trim ist ein einfacher Bot, dessen USP sich auf ein Geschäftsfeld bezieht, das dank Netflix, Amazon Prime und Co. in den vergangenen Jahren wieder an Bedeutung gewonnen hat: Subscriptions, Abonnements. Trim analysiert die verknüpften Konten, listet Subscriptions sowie andere wiederkehrende Zahlungen, wie z. B. Versicherungen, auf, schafft einen simplen Überblick für den Nutzer und erledigt bei Bedarf die Kündigung der Verpflichtungen. Trim vereinfacht den Kampf gegen das Vergessen derartiger Zahlungen und will damit in erster Linie dem Nutzer helfen, Geld zu sparen, zum einen durch die Kündigung nicht mehr benötigter oder ungenutzter Abos, zum anderen durch die Vermeidung von Überziehungen, die durch unerwartete Abbuchungen folgen könnten.
Penny ist eine eigenständige App ohne Integration in Messenger, SMS o. ä., die den Fokus insbesondere auf die Analyse der bisherigen Kontobewegungen und somit Budgetierung bzw. Forecasts legt. Penny bereitet die Informationen in grafisch sehr anschaulichen und prägnanten Statistiken sowie Diagrammen auf und schafft somit ein erhöhtes Maß an Transparenz für den Nutzer bei der allmonatlichen Frage „Wo ist denn eigentlich mein Geld geblieben?“. Penny arbeitet hierbei, ähnlich wie Finn, mit vorgefertigten Text-Bausteinen bzw. Buttons, die auf der einen Seite zwar eine Verbesserung der Usability ermöglichen, auf der anderen Seite jedoch das Gefühl der unbegrenzten Möglichkeiten eines Chat-Interfaces vermissen lassen.
Ein Blick auf die unterschiedlichen Angebote verdeutlicht, dass sich die derzeit auf dem (v.a. US-amerikanischen) Markt befindlichen Chatbots im Hinblick auf den Funktionsumfang (Analyse der Kontobewegungen / Budgetierung / Forecasts / Statistiken / Benachrichtigungen über Überziehungen o. ä. / simple Banktransaktionen / etc.) stark ähneln und sich nur bedingt durch Alleinstellungsmerkmale hervortun. Der Markt wächst rasant, es wird sich zeigen, welche Angebote sich langfristig durchsetzen und dank kritischer Masse am Markt bestehen können. Bedarf es einer Einbindung in bestehende Plattformen, wie den Facebook Messenger, um möglichst schnell eine hohe Marktdurchdringung zu erzielen oder kann auch eine weitere separate Banking-App erfolgsversprechend sein? Wie intelligent muss ein Bot sein? Reichen Textbausteine aus, um den Informations- und Handlungsbedarf der Nutzer zu decken? Können sich Chatbots am deutschen Markt etablieren? Neben all jenen Fragen bleibt abzuwarten, welche Funktionen Chatbots in Zukunft erfüllen können, wenn die Entwicklung künstlicher Intelligenz mit rasender Geschwindigkeit voranschreitet.
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Sehr guter Artikel! Vielen Dank!